SWOOD bei Gebr. Jung im täglichen Einsatz
Die Schreinerei Gebr. Jung in Bad Vilbel, nahe Frankfurt, ist mit ihren 20 Mitarbeitern schon kein ganz kleiner Handwerksbetrieb mehr. Entsprechend ist es den Hessen möglich, Maschinen anzuschaffen und zu automatisieren. Dieses gilt nun auch für die Konstruktion. Hier wurde SWOOD eingeführt, um schneller und präziser zu konstruieren. Die Systemeinführung und Betreuung übernahm DPS Software, die diese ungewöhnliche branchenspezifische Applikation aus Frankreich im Angebot hat.
Gegründet wurde die Schreinerei 1925 vom Großvater des heutigen Inhabers, einem Schreiner und seinem Bruder, der Zimmermann war und ist bis heute in Familienhand. Das heutige Handwerk kommt nicht mehr ohne computergesteuerte Maschinen aus. So hat die Digitalisierung auch bei der Schreinerei Jung Einzug gehalten. Handwerkliche Kompetenz ist aber nach wie vor genauso maßgebend, sprich eine Lehre oder eine Ausbildung als Fachingenieur. Jung baut für seine Kunden oft Maßanfertigungen, wobei die Gestaltung, die Maße und die Materialien eine Rolle spielen. "Die Ansprüche", so sagt Jung "werden immer höher."
Im Umfeld von Frankfurt konnte das damals junge Unternehmen gut wachsen. Man liefert aber auch durchaus weit über diesen Raum hinaus, etwa nach Berlin, Zürich, Luxemburg oder sogar nach Paris. Die Möbel, die Jung fertigt, sind zum Teil hier auf den Bildern zu sehen. "Zu unseren Kunden zählen Banken, Versicherungen und Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen der Industrie, aber auch Kultureinrichtungen wie Museen und sogar Privatpersonen." Gearbeitet wird oft auf der Basis von Plattenmaterial. Die Platten werden gesägt und erhalten weitere Bearbeitungen. Danach gibt es eine Oberflächenbearbeitung und schließlich die Kantenleimung. Am Schluss kommt die Montage.
Natürlich müssen alle Möbel, dann auch die Einzelteile entworfen werden. Das machen hier Schreiner mit IT-Erfahrung und Weiterbildung als Technischer Zeichner, die sich nach Entwürfen von Architekten, ggf. Designern und Bauherren richten. Seit zwei Jahren wird dafür bei Gebr. Jung die Branchenlösung SWOOD eingesetzt.
Dieses - noch immer neuartige - System kommt aus Frankreich und ist eine Ergänzung zu SOLIDWORKS „SOLIDWORKS ist das am weitesten verbreitete 3D CAD System und eine perfekte Lösung für den Innenausbau, da hier auch Features für andere Materialien wir Blech, Glas oder Kunststoff zur Verfügung stehen und diese Anforderungen im Bereich Innenausbau immer mehr benötigt werden. Ein reiner Korpusgenerator ist daher nicht ausreichend.", so Olaf Schiele, Vertriebsleiter für die Branchenlösung Holz im D-A-CH-Bereich.
Vor rund sieben Jahren begann DPS in den Bereich SWOOD zu investieren und kann auf ein beachtliches Wachstum zurückschauen. Aktuell sind in dem Bereich mehr als 15 Tischlermeister oder Holztechniker beschäftigt. Neben der Beratung gehören die Implementierung, Schulung, Support und Projektbegleitung zu den Aufgabengebieten. DPS ist in der Lage, SWOOD an das jeweilige ERP-System eines Anwenders anzubinden. DPS hat dafür eigene Tools entwickelt, um die Prozesse bei den Anwendern noch weiter zu Automatisieren.
SWOOD, eine regelbasierte CAD-Software, hilft dem Möbelkonstrukteur, aber auch dem Holzkonstrukteur allgemein seine Arbeit wesentlich zu beschleunigen - nimmt ihm aber nicht die volle Kontrolle über die Details. Das gleiche gilt für SWOOD CAM. Entwickler von SWOOD Design und SWOOD CAM ist das französische Unternehmen EFICAD, welches schon seit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Herstellung von CAD-Tools hat, nicht zuletzt auf der Basis von SOLIDWORKS. SWOOD steht also für SOLIDWORKS und Holz.
Regelbasierte Holzkonstruktion in einfachen Schritten
In wenigen Schritten entstehen komplette Möbel wie folgend an der Konstruktion eines Aktenschranks gezeigt wird.
Der 1. Schritt beginnt mit dem Öffnen einer Bibliothek, welche Teile enthält, die der Holzkonstrukteur braucht, z. B. einen Korpus. Dieses Teil wird selektiert und öffnet sich damit in der Arbeitsebene. Der Anwender hat es hier mit einem Standard-Solidworks-Teil bzw. -Baugruppe zu tun, mit allen Bearbeitungsmöglichkeiten, die in Solidworks zur Verfügung stehen. Durch Eingabe der Grundmaße (Länge, Breite, Höhe) entsteht der Wunschkorpus.
Alles kann jederzeit auch geändert werden - z. B. die Korpus-Tiefe - dann ist dies ohne weiteres möglich. Durch Ändern eines Maßes werden alle Teile der Baugruppe geändert.
Im zweiten Schritt kann nun die Rückwand eingesetzt werden. Dabei wird wiederum ein Bibliotheksteil selektiert, in die Arbeitsebene eingebracht und per Drag & Drop in die Baugruppe eingefügt. In diesem Moment werden ebenfalls alle für die Rückwand nötigen Bearbeitungen ausgelöst. Die hinterlegte Intelligenz macht das automatisch - in diesem Fall sind es Nuten, in welchen die Rückwand sitzt. Dieser Schritt dauert wenige Sekunden, mit einem Standard-CAD-System wäre man sicher 5 - 10 Minuten „unterwegs“. Im dritten Schritt können alle Teile miteinander verbunden werden. Dazu hält das System natürlich die entsprechenden Verbinder bereit (Dübel, Minifix...).
Auch hier wieder das gleiche Prinzip: Der Konstrukteur selektiert den Verbinder, setzt ihn in die Konstruktionsebene und alles andere macht das System selbst. Es wählt die Anzahl der Verbinderelemente, legt die Position fest und generiert alle nötigen Bearbeitungen (Bohrungen) - sofort fertig!
Sind an der Stelle Änderungen nötig?
Man könnte z. B. annehmen, die Rückwand solle tiefer (statt 10, nun 50 mm tief) im Korpus stehen. Durch Änderung nur eines Maßes werden alle nötigen Veränderungen ausgelöst: Die Rückwand sitzt tiefer, die Verbinder mit den Bohrungen werden angepasst usw. Wie schnell geht das?
„Es dauert wiederum nur Sekunden, während wir für einen Standard-Änderungsprozess rund 10 Minuten brauchen würden“, erklärt Olaf Schiele. Nach diesem Prinzip geht es weiter.
Wie ist das so schnell möglich?
„Es ist möglich durch die Hinterlegung von Fachwissen in der Form von Regeln, Formeln und Tabellenzugriffen. Dieses ist automatisch wirksam, wenn ein „Teil“ verbaut wird. Es entsteht also eine Konstruktion "von unten nach oben", nach den Wünschen des Konstrukteurs, aber eben stark automatisiert und vom System überwacht. Man spricht von der „Regelbasierten Konstruktion" oder auch Konfiguration. „Die Konstrukteure sind nun aber nicht für alle Zeiten an einmal generierte Regeln gebunden. Mit Hilfe eines Regeleditors können diese verändert, ergänzt oder auch gelöscht werden“.
SWOOD CAM - das genau passende CAM-System
Nachdem die Holzkonstruktionen fertig sind, ganz gleich, ob Möbel, Fenster oder Türen, müssen die Teile ja auch gefertigt werden. Das bedeutet heute die Bearbeitung auf speziellen CNC-Maschinen für die Holzbearbeitung. Für sie müssen die NC-Programme erstellt werden und das geht besonders gut und performant mit "SWOOD CAM". Es ist vollkommen in Solidworks integriert und passt kongenial zu SWOOD Design.
SWOOD CAM beherrscht einerseits die Besonderheiten der Holzbearbeitungsmaschinen, wie etwa die Ansteuerung spezieller Aggregate für die Seitenbearbeitung, das Sägen und sogar das Umleimen von Teilen, ist andererseits aber auch ein "richtiges" CAM-System für die 2D-, 3D-, 4- und 5-Achsenbearbeitung bis hin zur 5-Achs-Simultanbearbeitung.
Somit ist das Werkstückspektrum nicht eingeschränkt. Es können typische Spanplattenteile für Möbel genauso programmiert werden, wie massive Freiformteile, z. B. Handläufe oder Dekorteile.
"Der Anwender kann mit unserem System wirklich alles machen und das geht mit den heute noch oft eingesetzten 2D-Systemen eben nicht", kommentiert Jörg Rudig, Leiter Competence Center CAM, bei DPS.
Ein anderes Beispiel für die assoziative Zusammenarbeit von CAD und CAM ist die Schlosskasten-Bearbeitung für Türschlösser. Wie schon im vorderen Teil beschrieben, sucht der Konstrukteur ein passendes Schloss aus und setzt es in die Tür ein. Das System generiert dann automatisch alle dafür nötigen Bearbeitungen - im SWOOD CAM entstehen die NC-Bahnen sowie deren Simulation. Ohne die enge Kopplung von CAD und CAM und bis zur Maschine würde sich die ganze Sache nur schwer rechnen, so aber passt es prima", sagt Andreas Jung. In seinem Unternehmen sind zurzeit zwei SWOOD Arbeitsplätze installiert.
Wer macht die Postprozessoren?
Olaf Schiele: "Die Postprozessoren machen wir auch und passen sie an die jeweiligen Maschinen an. Ohne genau passende Postprozessoren verliert man an Bearbeitungsperformance und letztendlich Geld."
Entlang der ganzen Strecke muss die Chemie zwischen Software-Lieferant und Anwender stimmen. "Das tut's" wie A. Jung bestätigt.
In Zukunft wird nahezu jede Schreinerei oder holzverarbeitende Fabrik mit einer solchen Software arbeiten müssen. Das Thema Konfiguration hilft den Betrieben aus zwei Engpässen, nämlich, wo bekomme ich noch genügend Fachpersonal her und wie halte ich meine Wettbewerber, auf Abstand?...
- Karl Obermann, Fachjournaist -
Bildmaterial: ©Jörg Rudig DPS Software / Karl Obermann