Um von einer stark veralteten 2D-CAD-/PDM-Software auf eine sehr moderne PLM-Landschaft mit einem 3D-CAD-System zu springen, sind Mut und ein kompetenter Partner erforderlich. Ein Schaltanlagenhersteller zeigt, wie die Migration funktionieren kann.
Einstieg in die Welt der 3D-CAD-Systeme
Bis 2015 hat Driescher rund 20 Jahre lang mit dem in die Jahre gekommenen 2D-CAD-System Medusa gearbeitet. Nun fiel die Entscheidung, in die 3D-Welt einzusteigen und gleichzeitig durchgängige Prozesse zu schaffen.
Die Wahl des richtigen Partners - Darum DPS!
Hierzu wurde ein Projektteam gebildet, „welches zunächst die Erfordernisse des Unternehmens analysierte, dann aber auch die Möglichkeiten, die der PLM-Markt bot“, berichtet Sebastian Sladeczek, Entwicklungsingenieur und Systembetreuer bei Driescher. Dabei ging es nicht nur darum, die bestmögliche Software zu finden, sondern auch den richtigen Partner für die Realisierung.
Unter anderem wurden folgende Kriterien geprüft:
- Wer hat das beste Portfolio in allen Ebenen?
- Wer hat gute Lösungen für Schnittstellen?
- Wer schafft es, mit uns, die Fertigung anzubinden?
- Wer ist in der Lage, die Standardpakete mit eigener Software zu ergänzen?
- Wer kann für einen guten Workflow in der Konstruktion sorgen?
- Wer ist in der Lage, eine Konfigurationslösung aufzusetzen?
Hatte man diese Kriterien angelegt, blieben nicht mehr allzu viele Systeme und Anbieter übrig“, sagt Sebastian Sladeczek. „Letztendlich haben wir uns für DPS Software entschieden, weil dieser Anbieter genügend erfahrene IT-Mitarbeiter hat, welche für uns die bestmöglichen Lösungen erarbeitet konnten – nicht nur konzeptionell, sondern auch ganz praktisch durch eigene Software-Pakete.“
DPS Portfolio
Die beiden großen Standardsysteme, die sozusagen das Fundament bilden, sind SOLIDWORKS und SOLIDWORKS PDM, beide von Dassault Systèmes und im Portfolio von DPS. SOLIDWORKS PDM hat hier eine Querschnittsfunktion für alle Autorensysteme wie Solidworks, Eplan oder Word und stellt unter ande- rem das Versionsmanagement, den Freigabe-Workflow, die Ablage aller nativen Daten, umfassende Suchfunktionalitäten und vieles Weitere zur Verfügung. Dieses System wurde um zwei entscheidende „Tools“ erweitert: die Jobbox und die Viewbox. Beide Elemente wurden von DPS geschaffen und stehen heute als Standard zur Verfügung.
DPS Jobbox: Prozesse einfach automatisieren
Die Jobbox bezeichnet Sladeczek mittlerweile als „Herzstück der Implementierung“. Es handelt sich dabei um ein Tool, um Prozesse einfach zu automatisieren, indem benutzerdefinierte Batchprozesse angelegt werden – alles ohne Programmierkenntnisse über eine grafische Benutzeroberfläche. Sladeczek: „Wir können damit Jobs zusammenstellen, die uns helfen, Standardaufgaben zu erfüllen, etwa die Erstellung von PDF-Dokumenten, E-Drawings, XML-Dateien, das Bereitstellen von Schnittstellenfunktionen oder Druckaufträgen.“
DPS Viewbox: Visualisierung von Daten
Mit der Viewbox lassen sich Daten unterschiedlicher Quellen, Systeme und Applikationen visualisieren, miteinander in Relation setzen und falls nötig auch modifizieren. Die Anpassung an verschiedenste Kundensituationen erfolgt durch Konfiguration und muss nicht jedes Mal neu programmiert werden. Bei Driescher zeigt das neue Werkzeug unter anderem Einzelartikel, Zeichnungen, Stücklisten, Verwendungsnachweise und PDF-Dateien an, es können von hier aus aber auch Aktionen in der Jobbox ausgelöst werden.
E-CAD-Schnittstelle erleichtert Arbeit
Im Rahmen der Neuimplementation wurde eine Schnittstelle zum Elektro-CAD-System Eplan geschaffen. Als Basis dienten auch hier die Jobbox und die in Eplan integrierte Epis-Plattform. Einer der Vorteile ist, dass nun eine vereinheitlichte Stückliste (elektrisch/mechanisch) entsteht, die sowohl das Bestellwesen als auch die Montage erleichtert.
Topsworks: Ansteuerung der Blechbearbeitungsmaschinen
Wichtig zu erwähnen ist noch die Einbindung von Topsworks, ebenfalls eine DPS-Software, zum Erzeugen der CAM-Daten für die Ansteuerung der Blech- bearbeitungsmaschinen direkt aus SOLIDWORKS heraus. Driescher hat mehrere Trumpf-Blechbearbeitungsmaschinen in der Fertigung, um Aluminium-, Schwarz-, Edelstahl- und verzinkte Bleche zu verarbeiten, und das in bis zu drei Schichten. Topsworks ist in dieser Applikation auch mit der Jobbox integriert, um unter anderem die NC-Daten automatisch zu generieren, wenn die Freigaben vorliegen.
PDM/ERP Kopplung
Undenkbar, dass eine so moderne Installation auf die Kopplung PDM/ERP verzichtet! Sie ist hier wiederum über die Jobbox zu Baan ERP realisiert.
Über das Projekt
In enger Zusammenarbeit von DPS und den Fachleuten von Driescher ist es gelungen, all diese Funktionalitäten in der Zeit von Februar 2015 bis zum Jahresbeginn 2016 zu realisieren. Aktuell sind 30 SOLIDWORKS - und 50 PDM-Lizenzen installiert. Natürlich ist der Ist-Zustand nicht für alle Zeiten festgeschrieben. Zukunftsaspekte sind beispielsweise die Einführung eines Konfigurationssystems, etwa für Beschleunigungen in der Konstruktion, aber auch für den Vertrieb. Auch die Installation eines CAM-Systems für die mechanische Fertigung ist in einem weiteren Schritt möglich.
Portrait der Fritz Driescher KG
Sicher hat schon jeder eines gesehen: Ein Gebäude mit einem gelben Blitzpfeil für die Stromversorgung von Städten und Dörfern. Ist es aufgefallen? Wahrscheinlich nicht. Doch innen befindet sich eine sehr anspruchsvolle Technik. Solche Schaltanlagen zur Stromversorgung bietet die Fritz Driescher KG aus Wegberg an. Das Unternehmen wurde 1909 von Fritz Driescher gegründet, der damals schon erkannte, wie wichtig die Stromversorgung werden würde. Das heute noch immer in Familienhand befindliche Werk entwickelt mit seinen 385 Mitarbeitern alles, was die Stromversorgung zuverlässig, sicher und wirtschaftlich macht. Damit Verbraucher wie private Haushalte oder Industriebereiche ohne große Unterbrechungen mit Energie versorgt werden können, benötigt man Schaltanlagen.
„Diese entwickeln und bauen wir für Standardanwendungsfälle wie auch für spezielle Fälle – sprich, wir sorgen für viele kundenspezifische Lösungen in diesem Umfeld“, erklärt Stefan Bünger, Prokurist bei Driescher in Wegberg. Driescher liefert seine Produkte weltweit an Energieversorger, Energieerzeuger, Industrie- und Handelsunternehmen. Das Kernprodukt sind Mittelspannungsanlagen
(6000 bis 40.500 V). Das Unternehmen entwickelt und produziert die Systeme selbst, aber auch alles, was damit unmittelbar zu tun hat, wie Stationsgebäude oder Steuerschränke. Hierfür ist eine sehr hohe Fertigungstiefe erforderlich, sowohl für Blechteile, wie auch für alle nötigen mechanischen Bauteile. Wie Bünger erklärt, kann man so auf die Sonderwünsche der Kunden schnell und flexibel reagieren, hat aber auch die Qualitäten selbst in der Hand.
Wichtig ist es für Driescher, eigene Labore zu betreiben: Hochstromlabor, Spannungslabor (bis 200 kV) und ein Leistungsprüffeld, um das Verhalten der Anlagen genau zu kennen, gegebenenfalls auch optimieren zu können, nicht zuletzt, um die teuren Typprüfungen bei externen Instituten sicher zu bestehen. Andererseits helfen diese Labore aber auch bei der Rückkopplung mit Entwicklung und Konstruktion, weil mithilfe der realen Ergebnisse die virtuellen Modelle stets verbessert und somit aussagefähiger werden können.